Prävention und Gesundheitsförderung
Der Wert der Gesundheit wird immer dann wahrgenommen, wenn sie beeinträchtigt ist. Deshalb ist es so wichtig, sich auch in „guten Zeiten“ um seine Gesundheit zu kümmern und so Krankheiten zu verhindern und die eigene Lebensqualität zu erhalten oder zu verbessern. Zum Glück gibt es jede Menge Möglichkeiten der Vorbeugung. Das nennt man Prävention. Mit gezielten Maßnahmen wird versucht, Erkrankungen oder gesundheitliche Schädigungen zu vermeiden, das Risiko dafür zu verringern oder ihren Verlauf zu verzögern. Hierbei gibt es Überschneidungspunkte mit der Gesundheitsförderung. Obwohl beide dasselbe Ziel haben, nämlich die Gesundheit positiv zu beeinflussen, gibt es einen wichtigen Unterschied: Während die Gesundheitsförderung sich eher darauf konzentriert, Ressourcen und Schutzfaktoren zu fördern, zielt die Prävention darauf auf, Risikofaktoren und Belastungen zu verringern.
Arten der Prävention
Präventionsansätze unterscheiden sich hinsichtlich der zeitlichen Situierung im Krankheitsverlauf. Aus dieser Perspektive gibt es damit drei verschiedene Arten der Prävention: Die Primärprävention, die Sekundärprävention und die Tertiärprävention.
Primärprävention
Die Primärprävention setzt schon vor einem möglichen Krankheitsbeginn ein und soll dabei helfen, die Gesundheit zu erhalten und Krankheiten zu verhindern. Krankheiten wie Diabetes mellitus Typ 2, Arteriosklerose und daraus entstehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall), aber auch psychische Erkrankungen wie z. B. Depression können durch eine gesundheitsbewusste Lebensweise und gesundheitsfördernde Lebensbedingungen vermieden, verzögert oder in ihrem Anfangsverlauf so günstig beeinflusst werden, damit sie sich nicht zu einer Krankheit manifestieren können. Hierzu zählen eine gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und der richtige Umgang mit Stress. Auch Schutzimpfungen zählen zur Primärprävention, durch sie lassen sich schwerwiegende Infektionskrankheiten verhindern.
Sekundärprävention
Die Sekundärprävention setzt im Frühstadium einer Krankheit ein. Sie soll dabei helfen, insbesondere Krankheiten, die noch keine Beschwerden verursachen, rechtzeitig zu erkennen, um sie frühzeitig behandeln zu können. Dazu gehören Routinekontrollen beim Zahnarzt oder Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung von Krebs oder Diabetes. Eine eindeutige Abgrenzung von primärer und sekundärer Prävention ist nicht immer möglich. Ein Beispiel: Darmkrebsfrüherkennung ist eine Maßnahme der primären Prävention (Krankheitsvermeidung), falls Vorstufen einer Krebserkrankung während der Koloskopie erkannt und direkt beseitigt werden. Wird hingegen eine bereits ausgebrochene Krebserkrankung im Frühstadium entdeckt, handelt es sich um eine Maßnahme der sekundären Prävention.
Tertiärprävention
Die Tertiärprävention setzt ein, wenn sich eine Krankheit bereits manifestiert hat, es beispielsweise zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall gekommen ist. Das Ziel der Tertiärprävention ist es, die bereits bestehenden gesundheitlichen Schäden und die daraus resultierenden Folgeschäden zu minimieren und zu kompensieren und neue gesundheitliche Perspektiven zu entwickeln. Zu den Maßnahmen gehören beispielsweise das regelmäßige Messen des Blutzuckers bei Diabetikern oder auch die Gewichtsabnahme durch Sport nach einem Herzinfarkt. Die Gesundheit soll also so weit wie möglich wieder hergestellt werden.
Prävention ist besser als Heilen
Blutdrucksenker und Blutverdünner, Antibiotika, künstliche Gelenke, das Legen von Stents oder Bypässen ⎼ wir können auf moderne Medizintechnik und hochwirksame Medikamente zurückgreifen, sollten wir einmal krank werden. Viele Menschen vertrauen darauf und legen ihre Gesundheit damit in die Hände anderer. Nachgewiesenermaßen ist Prävention jedoch deutlich wirksamer als zu handeln, wenn die Gesundheit bereits beeinträchtigt ist. Medikamente haben nämlich viele Nebenwirkungen und treiben die Kosten unseres Gesundheitssystems in die Höhe. Ganze 42,39 Milliarden Euro haben die gesetzlichen Krankenkassen im Jahr 2020 für Arzneimittel ausgegeben, das sind 4,5 Milliarden mehr als noch 2018.
Operationen bergen immer das Risiko einer Infektion, nicht selten müssen sie nach einiger Zeit wiederholt werden oder bringen nicht die erwünschten Erfolge. Unabhängig vom positiven Effekt ziehen sie oft langwierige Rehabilitationsmaßnahmen nach sich. Viel sinnvoller und mit oft deutlich weniger Aufwand verbunden ist es daher, Risikofaktoren für die Entstehung von Krankheiten selbst zu minimieren. Viele Erkrankungen sind nämlich lebensstilbedingt und entstehen nicht von heute auf morgen. Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt oder Bluthochdruck, Typ 2 Diabetes oder Muskel-Skelett-Erkrankungen, aber auch psychische Erkrankungen wie Burnout sind über einen längeren Zeitraum meistens die Folge eines ungesunden Lebensstils. Das eigene Verhalten kann allerdings auch einen starken positiven Einfluss auf die Gesundheit haben. Regelmäßige Bewegung, eine gesunde Ernährung und der richtige Umgang mit Stress können viele dieser Krankheiten schon im Vorfeld verhindern, die Intensität einer bereits ausgebrochenen Erkrankung reduzieren und sogar heilen.
Maßnahmen der Prävention
In der Prävention lassen sich zwei grundsätzliche Ansätze unterscheiden: Maßnahmen der Verhaltensprävention und Maßnahmen der Verhältnisprävention.
Verhaltensprävention
Unter Verhaltensprävention versteht man Maßnahmen, die direkt am Menschen ansetzen und sein gesundheitsbezogenes Verhalten positiv beeinflussen sollen. Dabei geht es darum, ungesunde Verhaltensweisen zu vermeiden bzw. zu verändern (z. B. Rauchen, starker Alkoholkonsum), gesundes Verhalten zu fördern (z. B. gesunde Ernährung, Bewegung) und über die Vermittlung des dafür notwendigen Wissens die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Maßnahmen der Verhaltensprävention sind z. B. Bewegungsangebote oder Aufklärung über Ernährung, Kurse zu Erlernung von Entspannungstechniken oder Raucherentwöhnungskurse.
Verhältnisprävention
Oft wird unsere Gesundheit auch von Faktoren bestimmt, die wir nicht selbst beeinflussen können. Hier kommt die Verhältnisprävention ins Spiel. Die Verhältnisprävention konzentriert sich auf die Lebens-, Arbeits- und Umweltverhältnisse. Ihr Ziel ist es also, die Orte, an denen wir uns häufig aufhalten (etwa den Arbeitsplatz) so zu gestalten, dass sie gesundheitsförderlich sind. Maßnahmen der Verhältnisprävention setzen deshalb an den sozialen, ökologischen, ökonomischen und kulturellen Rahmenbedingungen an. Beispiele sind ergonomische Arbeitsplätze, eine flexible Arbeitszeitgestaltung, gesetzliche Regelungen wie das Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen oder das Präventionsgesetz sowie städtebauliche Maßnahmen zur Bewegungsförderung. Auch Maßnahmen in Kitas, Schulen oder Betrieben wie beispielsweise ein gesundes Mittagessen in der Kantine gehören dazu.
Prävention wird gefördert
Das Präventionsgesetz (Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention) sieht vor, dass die gesetzlichen Krankenkassen für ihre Versicherten Leistungen zur Verhinderung und Verminderung von Krankheitsrisiken (primäre Prävention) sowie zur Förderung des selbstbestimmten gesundheitsorientierten Handelns der Versicherten (Gesundheitsförderung) erbringen müssen. Diese Leistungen sollen den Gesundheitszustand der Bevölkerung verbessern und die soziale Ungleichheit von Gesundheitschancen vermindern.
Es wird zwischen drei Leistungsarten unterschieden: Leistungen der individuellen Verhaltensprävention, Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten sowie Leistungen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Zu den Leistungen der individuellen Verhaltensprävention zählen beispielsweise Entspannungskurse oder Raucherentwöhnungskurse. Leistungen zur Gesundheitsförderung und Prävention in Lebenswelten können Maßnahmen zur Suchtprävention oder ein gesunden Mittagessen in der Kantine des Arbeitsplatzes sein. Leistungen der betrieblichen Gesundheitsförderung sind Führungskräfte-Coachings in Unternehmen.
Die gesetzlichen Krankenkassen bieten unterschiedliche Präventionskurse für verschiedene Interessenten- und Zielgruppen an und bezuschusst diese. So sollen gesunde Verhaltensweisen gefördert und gleichzeitig ungesunde Angewohnheiten reduziert werden. Beispielsweise lernen die Teilnehmer, was sie über gesundheitsförderndes Verhalten ⎼ wie eine gesunde Ernährung ⎼ wissen müssen und wie sie dieses Wissen im Alltag praktisch anwenden. Die Vorgaben, unter denen Präventionsangebote von den Krankenkassen bezuschusst bzw. übernommen werden, sind im „Leitfaden Prävention - Handlungsfelder und Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur Umsetzung von §§ 20 und 20a SGB V“ hinterlegt. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) hat den Auftrag, diesen Leitfaden kontinuierlich weiterzuentwickeln und dem aktuellen wissenschaftlichen Stand anzupassen. Die zentrale Prüfstelle für Prävention (ZPP) prüft und bewertet die Präventionsangebote hinsichtlich der Förderfähigkeit durch die Krankenkassen. Darüber hinaus haben die gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen von Bonusprogrammen die Möglichkeit, ihre Mitglieder für gesundheitsbewusstes Verhalten zu belohnen.
Fazit
Maßnahmen der Prävention können das Risiko für Erkrankungen reduzieren, eine frühzeitige Entdeckung ermöglichen und ihren Verlauf verzögern und damit die Gesundheit nachhaltig positiv beeinflussen. Dabei wird sowohl ein gesundheitsbewusstes Verhalten gefördert als auch die Rahmenbedingungen dafür geschaffen oder verbessert. Unterstützt wird das durch die Krankenkassen mithilfe von Präventionskursen, die den Menschen zeigen, was sie für ihre Gesundheit tun können.
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